Welche Projekte eignen sich für die Agile/Srum Methodik?

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Antworten:

Foto von Thomas Walenta
Antwort von Thomas Walenta .
Board Director (Aufsichtsrat) Hochschule Darmstadt Hackenheim

1994 hat DSDM Consortium ein 'Agile project suitability questionnaire' entwickelt, das man z.B. in PMI's Agile Practice Guide findet.

Dieser Fragebogen gliedert sich in die drei zu betrachtenden Bereiche Kultur, Team und Projekt und bewertet von diesen jeweils 3 Unterkriterien

Kultur - Buy-in, Vertrauen, Delegation
Projekt - Änderungshäufigkeit, geringe Kritikalität, Portionierbarkeit des Produkts
Team - limitierte Größe, Erfahrung, Zugang zum Kunden

Je mehr dieser Kriterien als hoch eingeschätzt werden, desto mehr könnte eine agiler Ansatz gewählt werden. Scrum ist dabei der meistgewählte Ansatz und setzt anfangs noch stringentere Kriterien an (z.B. Teamgröße max. 10, sehr hohe Kultur Kriterien).


 

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Foto von Peter Jetter
Antwort von Peter Jetter .
Inhaber Gauting

Dort wo ein sinnvoller Umgang mit Komplexität ein entscheidender Erfolgsfaktor ist.

Cynefin und Stacey Matrix geben Orientierung, welche Handlungstrategie in welchem Kontext wirksam ist.

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Foto von Thorsten Reichert
Antwort von Thorsten Reichert .
Projekt- und Prozessmanagement-Berater und -Trainer Rheinberg

Für Scrum (als Maximalausprägung agiler Vorgehensweisen) eignen sich vor allem Projekte, in denen man in kleinen Schritten voran schreiten kann bzw. muss, weil das vollständige Endprodukt zu Beginn nicht formulierbar ist. Man fährt dann sozusagen "auf Sicht". Das bedeutet, dass der Umfang bzw. der Scope des Projektes in viele kleine Inkremente bzw. Teile zegliedert wird, die nach und nach mit funktionsfähigen Teilergebnissen abgearbeitet werden.

Das ist vor allem in IT Projekten der Fall. Beispiel: Sie wollen eine Homepage mit schönen Bildern, Infotexten, einem Kontaktformular, Impressum, Datenschutzvereinbarung (ganz wichtig) usw. erstellen. Natürlich können Sie hierzu eine detaillierte Planung machen. Erfahrungsgemäß ist das aber vergebene Liebensmüh, weil es gerade bei IT Projekten anders kommt - da lernt man quisi erst während der Produktentstehung was geht und was man wirklich will. Deshalb macht es Sinn, aus der Summe der Anforderungen diese auszuwählen, die zuerst angegangen werden sollen und können. Dieses erste Teilergebnis (z.B. Startseite und Impressum) kann sofort live geschaltet werden und im zweiten Zyklus (oder auch Sprint) um weitere Teilergenisse ergänzt werden. Man hat also sehr schnell ein erstes Ergebnis und erweitert dieses dann fortlaufend.

Das geht vor allem bei IT Projekten sehr gut und auch Produktentwicklungs- und F&E-Projekte eignen sich für dieses Vorgehen. Bei Investitionsprojekten wird das schon schwieriger, aber auch hier lassen sich agile Grundsätze und Methoden anwenden:

  • was wäre ein erstes, kleinstes, mögliches aber brauchbares Teilergebnis?
  • können wir ein Modell, einen Prototypen oder eine virtuelle Simulation machen?
  • lassen sich regelmäßige Feedbackschleifen (u.a. mit den Stakeholdern) einbauen?
  • wie läßt sich das Prinzip der Selbstorganisation des Teams verwirklichen?
  • wie lassen sich neue Erkenntnisse und Änderungen optimal integrieren?

Das Grundprinzip kann in allen Projekten versucht werden:

Start fast, fail fast (with low effort and impact), learn fast, reach fast usable results

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Foto von Uwe Weinreich
Antwort von Uwe Weinreich .
Founder Berlin

Klassische und agile Vorgehensweisen unterscheiden sich fundamental. Beide können ihre Berechtigung in Unternehmen haben. Klassisch-lineare Prozesse sind immer dann im Vorteil, wenn es um höchste Präzision und Sicherheit geht, gleichzeitig das richtige Vorgehen bekannt ist und ein beherrschter Prozess vorliegt. Leider liegen diese idealen Voraussetzungen seltener vor als Unternehmen häufig glauben. Insbesondere in Bezug auf das „richtige“ Vorgehen zeigt die Vergangenheit, dass fast immer Verbesserungspotenzial besteht.

Agile Methodik beschreibt immer auch eine Art Suchprozess. Man geht nicht davon aus, dass alles bereits bekannt ist, und schon gar nicht, dass das „richtige“ Vorgehen schon gefunden wurde. Im Gegenteil in iterativen Schritten, die zirkulär durchlaufen werden, findet eine Suche nach dem richtigen Vorgehen statt, zum Beispiel in der agilen Softwareentwicklung nach Scrum.

Dazwischen gibt es weitere Verfahren, die auch in Produktionsprozessen die Agilität erhöhen, ohne den Prozess neu erfinden zu müssen. Kanban ist das bekannteste. Mit dieser auch als Steckkartenmethode bekannten Vorgehensweise werden Produktionsprozesse nicht „geschoben" sondern „gezogen“. D. h. die Anforderung bestimmt, was im jeweils vorhergehenden Prozessschritt geleistet wird.

Mit dieser groben Dreiteilung lassen sich Projekte den unterschiedlichen Methoden zuordnen:

  • Innovationsprojekte, Softwareentwicklung, neue Geschäftsfelder erschließen:
    Für solche Vorhaben sind agile Vorgehensweisen wie Scrum, Design Thinking, Lean Startup, Business Modell Generation, Google Design Sprints etc. hervorragend geeignet.
     
  • Flexible Produktion:
    Hier ist es möglich, mit Kanban eine höhere Flexibilität herzustellen, die sich am tatsächlichen Bedarf orientiert.
     
  • Prozesse, die ein Höchstmaß an Genauigkeit und Wiederholbarkeit benötigen:
    Dafür bleibt die klassisch-lineare Vorgehensweise die bevorzugte. Kein Wirtschaftsprüfer und kein Finanzamt der Welt wird sich für eine „agile Buchhaltung" begeistern können.

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