Antworten:
Persönlichkeitstest können im Recruiting-Verfahren eine echte Hilfe sein; insbesondere dann, wenn es um die Auswahl der geeigneten Kandidaten geht. Persönlichkeitsdeterminierende Eigenschaften und Verhaltensweisen werden abgefragt und ausgewiesen.
Wichtig ist hier vor allem, dass die angewandten Tests valide sind, d.h. sie messen das, was gemessen werden soll. Empfehlenswert sind hier vor allem die Tests zur Bestimmung der BIG FIVE (die fünf zentralen Eigenschaften zur Beschreibung der Persönlichkeit: Extraversion, Verträglichkeit, Gewissenhaftigkeit, Neurotizismus/ emotionale Stabilität und Offenheit) und dem Bochumer Inventar zur berufsbezogenen Persönlichkeitsbeschreibung (BIP) von der Ruhr-Universität Bochum. Diese Tests sind wissenschaftlich fundiert, umfassend validiert und auch als Online-Version verfügbar. Von der Einordnung der Kandidaten in Farbtypen o.Ä. ist abzuraten, wenngleich es aufgrund der Einfachheit auch verlockend erscheint.
Für die effektive Nutzung ist es ferner zentral, dass die Anwender mit den Tests umgehen können, d.h. vor allem, die Testergebnisse im Sinne der ausgeschriebenen Stellen korrekt interpretieren und den Kandidaten eine wertschätzende Rückmeldung geben können.
Aufgrund des erhöhten Aufwandes in der Vorbereitung und Auswertung der Tests ist zu überlegen, diese Testverfahren nur bei bestimmten vakanten Stellen anzuwenden.
3 passende Publikationen von Dr. Thomas Bittner
Persönlichkeitstest haben nur einen begrenzten Stellenwert. Meiner Erfahrung nach können sie sehr gut als Ergänzung herangezogen werden, um Beurteilungen und Eindrücke aus Interviews, Assessments u.a. abzusichern oder aber in Frage zu stellen.
Voraussetzung dafür ist, dass es sich jeweils um einen bewährten und wissenschaftlich anerkannten Test handelt, der auch in professioneller Weise durchgeführt und ausgewertet wird. Die wissenschaftliche Forschung selbst räumt diesen Tests nur eine begrenzte Aussagekraft ein. Daran sollte man sich unbedingt halten.
Keinesfalls empfehlenswert ist es daher, Persönlichkeitstests zur alleinigen Grundlage einer Entscheidung zu verwenden.
1 passende Publikation von Dr. Bernhard Labudek
Persönlichkeitsdiagnostische Verfahren sind, im Falle einer wissenschaftlich nachweisbaren Reliabilität und Validität, hochgradig hilfreich im Recruiting Verfahren. Sie bieten dem potentiellen Arbeitgeber ein objektiveres Bild des Kandidaten und unterstützt oder widerlegt den persönlichen und gefilterten Eindruck eines individuellen Vorstellungsgespräches.
Es sollte in jedem Recruiting-Verfahren eingesetzt werden, sowohl in der Beschreibung der zu besetzenden Position, als auch in der späteren Auswahl. Dabei ist wichtig, dass es sich um ein offenes Verfahren handelt, welches dem Kandidaten keine Antworten vorgibt, sondern dieser sich frei entscheiden kann, auf welche Impulse er wie reagiert.
Nur dann ist ein hohes Mass an Objektivität gewährleistet.
Stefan Sillmann
Head Coach
Gerade die junge Generation will sogar, dass Persönlichkeit in Testverfahren mit erfasst wird - das zeigen mehrere Ergebnisse unserer Studie Azubi-Recruiting Trends, weil sie im Ganzen wahrgenommen werden möchten. Außerdem liefern solche Verfahren einfach mehr Informationen über einen Bewerber. Sie sollen das Gespräch ja nicht ersetzen, sondern ergänzen.
3 passende Publikationen von Felicia Ullrich
Im Interim-Management ist die Persönlichkeit des Kandidaten genauso wichtig wie seine fachliche Kompetenz. Einen Interim-Manger setzt man nur ein, wenn alle anderen Schritte zur Besetzung der Position erfolglos waren. Entsprechend knapp ist die Restzeit, die dem Interim Management Provider bleibt, um eine Persönlichkeit zu finden, die dem Anlaß der Mandatsvergabe entspricht. Bei einer Vakanzüberbrückung in einem „funktionierenden“ Unternehmen, in dem es mehr um die Anpassungsfähigkeit des Interim-Managers an die vorhandenen Strukturen geht, wird ein anderer Typus gefordert als bei einem Sanierungsfall.
Erstaunlicherweise tun sich bei der Beurteilung der Persönlichkeit von Interim-Managern auch heute noch manche Provider schwer, insbesondere dann, wenn sie nur Datenbanken ohne persönliches Kennenlernen der Kandidaten verwalten. Manche verwenden psychologische Eignungstests, andere setzen strukturierte Fragebögen ein. Um einen Kandidaten über die fachliche Qualifikation hinaus richtig einschätzen zu können gibt es jedoch nichts, was ein persönliches Gespräch auf Augenhöhe ersetzt.
Es gibt nur wenige USP, mit denen sich die Interim Management Provider von ihren Mitbewerbern abheben können. Das persönliche Interview gehört dazu. Hierin liegt die eigentliche Kernkompetenz eines jeden Providers. Profile aus sozialen Netzwerken zu ziehen ist keine große Kunst. Einen fachlich qualifizierten Kandidaten mit dem richtigen Persönlichkeitsprofil vorzuschlagen jedoch schon. Hierin liegt der Zusatznutzen des Providers: die Auswahl und Anzahl der Vorstellungsgespräche auf die wirklich relevanten Kandidaten zu beschränken. Das setzt von seiten des Providers voraus, daß er die Interviews mit Kandidaten von lebenserfahrenen Persönlichkeiten führen läßt, die nicht in schwarz/weiß denken, sondern auch das nicht Ausgesprochene hören und die Zwischentöne richtig interpretieren.
3 passende Publikationen von Dr. Reinhard Schützdeller
Genommen werden solche Tests gerne, weil man glaubt, alles Gemessene zeige eine Wahrheit - Zahlen-Daten-Fakten bringen Dinge auf den Punkt. Allerdings:
Ob Sie mit einem Persönlichkeitstest arbeiten wollen, hängt sehr davon ab, welches theoretische Konstrukt der Persönlichkeit Sie als Grundlage nehmen wollen und welche Aussagen Sie sich davon versprechen. Beispielsweise das Freiburger Persönlichkeitsinventar macht andere theoretische Annahmen als das Neo-Fünf-Faktoren-Inventar. Keiner dieser Fragebögen funktioniert theoriefrei - die Antworten sind dann nicht wirklich zu verwerten. Tests sollten zudem nur von Fachleuten mit entsprechendem theoretischen Hintergrund durchgeführt und ausgewertet sowie interpretiert werden, das sind meist DIplom-Psychologen. In den Tests stecken viel Theorie und viel Statistik - beides sollte man verstehen, bevor man entsprechend komplexe Verfahren einsetzt und auf der Basis weitreichende Entscheidungen trifft.
Unter Experten (das sind meist Diplom-Psychologen oder Menschen mit einem entsprechenden Master) ist einhellig anerkannt, dass Verfahren wie der Meyer-Briggs-Typenindikator oder DISG nicht tauglich sind, fundierte Aussagen über die Persönlichkeit einer Person, geschweige denn über deren Eignung für eine Position oder Tätigkeit zu machen.
Zum Meyer-Briggs: "Der MBTI, der MyersBriggsTypenindikator klärt Sie oder den Tester darüber auf, welcher von 16 Typen Sie sind – etwa ISTP (innenorientiert, analytische Beurteilung mit sinnlicher Wahrnehmung) oder ENFJ (außenorientiert, gefühlsmäßige Beurteilung mit intuitiver Wahrnehmung)? Der Test wurde in seinen Grundzügen bereits zur Jahrhundertwende der 1900erJahre von Katharine Cook Briggs entwickelt. Sie hoffte, damit früh die Begabungen von Babys entdecken zu können. Die Dame hatte einen CollegeAbschluss in Agrarwissenschaft, fühlte sich allerdings intuitiv zu zwischen menschlichen Themen hingezogen und war durch die Erziehung ihrer Tochter dazu auch hinreichend qualifiziert. Mit ihrer inzwischen erzogenen Tochter, Isabel Briggs Myers, begeisterte sie sich dann später in den 1920erJahren für die Gedanken von Carl Gustav Jung zur menschlichen Psyche. Beide schufen aus all diesen Inspirationen den MBTI, der von Experten recht einhellig als einer der schlechtesten Tests bezeichnet wird, den man in der Personalauswahl oder Personalentwicklung zu Rate ziehen kann. Keiner der zugrunde liegenden Typen, die dieser Test ja angeblich messen soll, konnte bisher empirisch nachgewiesen werden. Zudem erhält man bei ein und derselben Person zum Teil stark abweichende Ergebnisse, wenn man den Test zu verschiedenen Zeiten wiederholt." (aus: Neumann,R.: Denkfehler)
Bei Interesse finden sich viele Informationen zu diesem und zu anderen Tests über Herrn Hossiep von der Uni Bochum oder sind über den Berufsverband Deutscher Psychologen erhältlich.
Denken Sie bitte auch darüber nach, wie sehr das Konzept der "Persönlichkeit" zu Ihren Vorstellungen passt: "Der dispositionsorientierte Ansatz in der Psychologie nimmt an, dass Men- schen über stabile Merkmale verfügen, die die Zeit überdauern und für diese Person typisch sind. Diese Merkmale oder Eigenschaft????en führen dazu, dass Menschen mit den entsprechenden Eigenschaft????en sich mit erhöhter Wahrscheinlichkeit auf eine bestimmte Art und Weise verhalten. Einfacher formuliert: Ein aggressiver Mensch beispielsweise wird in Situationen mit anderen bevorzugt aggressiv reagieren. Dabei ist es weniger wichtig, mit welchen Personen er es zu tun hat oder in welchen Situationen er sich befindet. Andere Beispiele für solche Eigenschaft????en sind Intelligenz oder Introversion. ... zudem besteht generell die Gefahr, den Einfluss von Personen zu überschätzen und die bestimmenden Elemente der Situation zu unterschätzen. Die situativ-interaktionistische Perspektive nimmt daher die situativen Faktoren als bestimmend für das Verhalten an. Individuelle Unterschiede im Verhalten werden auf verschiedene Lerngeschichten sowie die unterschiedliche Wahrnehmung und entsprechende Interpretation der Situation zurückgeführt. Die interaktionistische Komponente dieses Erklärungsansatzes leugnet damit keineswegs, dass es Eigenschaft????en gibt. Sie sieht vielmehr Verhalten als das Ergebnis des Zusammenspiels von Situation und Eigenschaft????en." (aus: Neumann,R.: DIe Macht der Macht)
Wenn Sie der situativ-interaktionischen Perspektive folgen, fragen Sie sich, ob sich der Aufwand für einen solide ausgewählten und verantwortlich eingesetzten Persönlichkeitstest lohnt.
Der Einsatz solcher Verfahren ist im Übrigen mit dem Betriebs- oder Personalrat abzustimmen. Eine Teilnahme sollte dem Bewerber fairerweise ohne Nachteile für die Bewerbung freigestellt werden und fair ist auch, ihr oder ihm die Ergebnisse auszuhändigen und ihre Schlussfolgerungen, bzw. Ihr Gutachten offen und fachlich fundiert zu diskutieren.
Viel Aufwand für meist nicht so viel Beitrag zur Erkenntnis über die Eignung von Bewerbern.
3 passende Publikationen von Reiner Neumann
Situativ sehr hilfreich bei der Entscheidungsfindung! Aus eigener Anwendungserfahrung bei Firmen und Seminaren empfehle ich diese drei:
1. ESVI - Test zeigt wie die Potentiale des Bewerbers ins System passen.
2. ENNEAGRAMM - Test aus dem Buch von Heinrichs / Stemmann / Beltz-Verlag zeigt die tiefenpsychologischen Potentiale des Klienten im Entwicklungsstatus.
3. HUMANEUTIK - Analyse in situativer Ausrichtung zum Besten des Ganzen (Frieling-Test)
Nähere Auskünfte und Infos dazu bei IFAR-Institut
3 passende Publikationen von Korai Peter Stemmann