Was ist bei der Führung von virtuellen Teams zu beachten?

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Foto von Dr. Marco Benkert
Antwort von Dr. Marco Benkert .
Project Director Rohde & Schwarz GmbH & Co. KG Poing

Bei der Führung von virtuellen Teams bedarf es eines gemeinsam festgelegten Kommunikations- & Informationsmanagements. Hierzu bietet sich bspw. für ein Projekt ein Kickoff-Meeting oder (viel besser noch) ein Kickoff-Workshop an. 

Die hierbei vereinbarten "Regeln der Zusammenarbeit" sollten durch den verantwortlichen Projektleiter vorgelebt und beim Team im Zuge der weiteren Arbeiten durchgesetzt werden.

Hilfreiche Mittel hierzu sind: eine stringent geführte "Action-Item-List", regelmäßige Telefonkonferenzen mit einer klar strukturierten Agenda, die dann auch vom Projektleiter diszipliniert dokumentiert werden. Damit fungiert er als Vorbild für das ganze Team und unterstreicht seinen Mehrwert.

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Antwort von Anna Royon-Weigelt .
Geschäftsführung RESPEA Berlin

Als Führungsperson ist es meine Aufgabe, jeden Einzelnen und das Team darin zu unterstützen, im (virtuellen) Raum die bestmögliche Leistung zu erbringen. Dies bedeutet, dass ich den Blick sowohl auf Zahlen und Messbares richte, aber auch ein Gespür und eine Reflexionskompetenz entwickle, für das was zwischen den Zahlen passiert, für die Prozesse und Dynamiken, die am Werk sind. 

Teams, die "analog" arbeiten, spricht sich jeden Tag sehen können, stehen ähnlichen Herausforderungen gegenüber. Sie verfügen allerdings über andere Ressourcen, um Spannungen zu lösen und Konflikte anzusprechen: Eins zu eins Kommunikation ist leichter zu realisieren und hilft, Eskalationen zu vermeiden. In virtuellen Teams erfolgt ein Großteil der Kommunikation schriftlich; Diese Art der Kommunikation ist viel ärmer und anfälliger für Missverständnisse.

Bei virtuellen Teams besteht die Gefahr, in der Kommunikation untereinander ausschließlich auf die technische Seite der Kommunikation zu achten und die Beziehungsebene zu vernachlässigen. In diesem Fall tauschen sich die Team-Mitglieder fast ausschließlich über Inhalte, Aufgaben und Ergebnisse aus. Technikaffine Menschen fokussieren dabei gern auf die Tools, die Kommunikation im virtuellen Raum ermöglichen sollen.

Diese lösen aber selten die Beziehungsfrage, das heisst die konstruktive Nutzung und Gestaltung der Dynamiken die entstehen, wenn verschiedene Persönlichkeiten, Erfahrungen, Präferenzen, Kommunikationsstile, Kulturen, Srpachen und Rollen aufeinander treffen, im Zusammenspiel mit den Strukturen der Organisation, in der das Team integriert ist. Wenn Störungen in virtuellen Teams entstehen, reicht es nicht, längere E-Mails zu schreiben oder effektivere Techniken einzusetzen. Oft muss die Beziehung zueinander und der Umgang miteinander geklärt werden. Das ist Führungsaufgabe.

Als virtuelle Leadperson kann ich darauf achten, dass das Team eine sehr konstruktive und reflektierte Kultur entwickelt: Retreats an einem gemeinsamen Ort und "analoge" Treffen, das gemeinsame Erleben informeller Momente, in denen die Team-Mitglieder sich besser kennen lernen, das Entwickeln gemeinsamer Rituale, auch bei der Nutzung von Medien (z.B. fängt oder endet jede Videokonferenz mit derselben Frage an alle an).

Erfolgreiche Teams haben ein hohes Maß an gegenseitigem Vertrauen entwickelt, das sie fähig macht, auf Unvorhegesehenes flexibel zu reagieren und kreative Lösungen zu generieren. Dazu gehört die Fähigkeit, konstruktiv zu streiten, offen zu kommunizieren und aus Fehlern zu lernen. Das virtuelle Team sollte regelmäßig die Gelegenheit bekommen, nicht nur über Inhalte der Arbeit sondern auch über die eigene Entwicklung als Team zu reflektieren. Dafür eignet sich das von Ruth Cohn entwickelte Modell der Themenzentrierten Interaktion (TZI) sehr gut, bei dem verschiedene Aspekte (die Aufgabe, das Ich, das Wir und der Kontext) ausgewogen in den Fokus genommen werden.

 

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Antwort von Michael Zwick .
Blue Change Solutions Frankfurt am Main

Virtuelle Teams haben den entscheidenden Nachteil, das die Teammitglieder nicht in einem Büro arbeiten. Diesen Nachteil müssen Sie als Teamleiter kompensieren. Weiter entzieht sich das Team ihrer direkten Kontrolle.

Bei meinem Projekten mit virtuellen Teams wende ich Scrum Prinzipien an. D.h ich übertrage die Ergebnisverantwortung auf die einzelnen Teammitglieder. Ich lasse Sie weitestgehend automon arbeiten, gebe aber klar zu verstehen, dass die vereinbarten Ergebniss zu liefern sind.

Weiter achte ich darauf, eine einfach zu bedienende Kommunikationsplattform inkl. gemeinsamer Ablagestruktur bereitzustellen. Damit habe ich eine Basis für einen Austausch geschaffen.

Als nächstes habe ich für uns jeden Morgen um 9:15 für mindestens 15 Minuten per Conference Call abgehalten. Dabei wurden sowohl auftragsbezogene Themen besprochen, als auch "Kaffeeklatsch" betrieben. Dieser Call war eine Pfichtveranstaltung. Bei Bedarf haben die Teammitglieder selbstständig weitere Calls aufgesetzt. Wichtig war auch, dass wir bei den Calls auch den Bildschirm teilen konnten. Ein Videobild der Teilnehmenden ist hilfreich.

Synkrone Arbeitsumgebungen wie Google Office fand ich selbst als anstrendend.

Ich selbst haben mich als unterstützender Profjektleiter positioniert. Also Hindernisse beseitigen und allerlei Dinge koordinieren. Planungen, Reports, Statements gegenüber Dritten (im meinen Fall dem Projektauftraggeber) wurden gemeinsam abgestimmt.

Also Führen durch Beteiligung und Einbindung und nicht durch reines klassisches delegieren.

Gerne mehr im persönlichen Gespräch.

 

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Foto von Dr. Karin Schreiner
Antwort von Dr. Karin Schreiner .
Interkulturelle Trainerin und Coach Intercultural Know How - Training & Consulting Wien

Die Führung von virtuellen Teams ist von mehreren Herausforderungen geprägt: Kommunikation und Kommunikationstechnologie, sehr limitierte nonverbale Kommunikationssignale, kulturelle Vielfalt der Teammitglieder, Zeitzonen, Aufbau von Vertrauen, formeller Charakter virtueller Meetings, die informellen Austausch erschweren.

Zunächst Kommunikation - der Führungsperson muss bewusst sein, dass virtuelle Teams von Kommunikationstechnologie und deren Qualität abhängig sind. Immer wieder kommt es vor, dass bei virtuellen Meetings technische Pannen auftreten und zB das Video ausfällt, dh die Teilnehmer sind allein auf die akustischen Signale angewiesen. Oder die Tonqualität ist schlecht und man hört einander kaum. Hier besteht die Aufgabe der Teamleitung sicherzustellen, dass die Technik funktioniert.

Häufig ist die gemeinsame Sprache Englisch, die von vielen Teammitgliedern nicht die Muttersprache ist. Dadurch können Einschränkungen in der Präzision des sprachlichen Ausdrucks entstehen. Die Teamleitung sollte von Anfang an darauf achten, dass zentrale Begriffe definiert werden und Arbeitskontext bezogen ein Vokabular verwendet wird, das allen Teammitgliedern geläufig ist.

Englisch ist nicht Englisch: Es kommt vor, dass die Aussprache eines Teammitglieds von den anderen schwer verstanden wird. Das ist häufig bei Personen aus Indien, aber auch aus anderen Ländern der Fall, sofern diese keine Auslandserfahrung haben und zB nicht länger in den USA oder Großbritannien gelebt haben. Der indische Akzent im Englischen zB ist für Personen, die noch nie in Indien waren, oft schwer verständlich. Das kann ein großes Hindernis für den Kommunikationsfluss bei einem virtuellen Team-Meeting sein. Die Aufgabe der Teamleitung wäre hier, die Teammitglieder in Einzelgesprächen aufzufordern, sich bewusst mit der Diversität der Aussprache im Englischen auseinanderzusetzen - zB durch Ansehen von entsprechenden Videos.

Nonverbale Kommunikation: diese ist bei virtuellen Team-Meetings eingeschränkt wahrnehmbar. Damit fehlen wichtige Signale in der Kommunikation wie Gesichtsausdruck und Körpersprache, die oft als Feedback im Gespräch fungieren. Um diesen Mangel zu kompensieren, muss die gesprochene Sprache umso klarer und eindeutiger sein. Die Teamleitung könnte hier als Role Model fungieren und selbst möglichst klar und gut verständlich kommunizieren. SIe könnte auch die Teilnehmer aufmerksam machen, wenn etwas unklar kommuniziert wird - durch aktives Zuhören, Nachfragen, Spiegeln des Gehörten, Kommentieren usw. Die Teamleitung muss daher besonders gute Kommunikationsfähigkeiten haben.

Die kulturelle Vielfalt in einem virtuellen Team kann eine Herausforderung sein, muss aber nicht, denn oft verfügen die Teammitglieder virtueller Teams über internationale Erfahrungen. Die Teamleitung sollte jedoch jedes einzelne Teammitglied gut kennen und auch kulturelle Eigenschaften oder Besonderheiten erkennen und damit kultursensibel umgehen.

Aufbau von Vertrauen gehört sicherlich zu den größeren Herausforderungen bei virtuellen Teams. Dies vor allem, da die Kommunikation meistens im formellen Rahmen (Meeting) abläuft. Erst wenn die Teammitglieder auch über andere, informelle informationskanäle kommunizieren, etwa Face Book oder Chat Rooms, entsteht über diese informelle Ebene die Möglichkeit, Vertrauen aufzubauen. Die Teamleitung kann dies anregen und eigene Chat Rooms zur Verfügung stellen.

Als größte Herausforderung gelten die unterschiedlichen Zeitzonen, wie in Umfragen immer wieder bestätigt wird. Ist ein virtuelles Team über die ganze Welt verstreut, dann liegt es an der Teamleitung darauf zu achten, dass die Zeitpunkte der Meetings sich je nach Zeitzone regelmäßig abwechseln. Das fördert den gegenseitigen Respekt.

Gutes Zeitmanagement gehört auch dazu - Einhalten der festgelegten Zeitrahmen der Meetings, Pünktlichkeit der Teilnehmenden, klare Strukturen der Agenda, disziplinierte Kommunikationskultur wie Ausreden Lassen, keine Unterberechungen, kein zu langes Reden einzelner usw. Für diese Aspekte ist auch die Teamleitung verantwortlich, damit ein virtuelles Team gut miteinander kommuniziert.

Dies wären aus meiner Sicht wichtige Aspekte, die bei der Führung virtueller Teams zu beachten sind.

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