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Eine Ethik begründet eine Moral, d.h. eine Menge von Sätzen, die angeben, was als ethisch akzeptabel gilt und was nicht. Ein Ethikkodex muss den Adressaten also erklären, wie sie zu solchen Sätzen kommen können. Dazu gehört, dass die Werte genannt werden, die vertreten werden sollen und vor allem, dass es eine Reihenfolge der Wichtigkeit der Werte gibt. Es muss also geklärt werden, ob Ökonomie vor Ökologie geht, ob das Unternehmenswohl über dem Gewissen des Einzelnen steht, ob die Loyalität zum Arbeitgeber das berechtigte Aufdecken von Missständen blockieren darf. Daher muss ein Ethikkodex Pämissen oder Regeln enthalten, nachdem man solche Fragen prüfen kann. Die Goldene Regel - als Beispiel einer solchen Prämisse - "Tue nicht, von dem Du nicht möchtest, dass es Dir getan wird" hilft ins solchen Konfliktfällen nur bedingt. Eine Prämisse oder ein Prinzip wie das Folgende führt vielleicht weiter: Handle immer so, dass die Bedingung des verantwortlichen Handelns für alle Betroffenen erhalten bleiben.
Ein guter Ethikkodex gibt auch an, was ein Mitarbeiter im Falle eines Konflikts zwischen seiner Überzeugung und seinem Unternehmen oder seiner Behörde tun kann und an wen er sich wenden kann.
Inhaber des Dr. Werner Jackstädt-Lehrstuhls für Wirtschafts- und Unternehmensethik Wittenberg-Zentrum für Globale Ethik e.V. Lutherstadt Wittenberg
Ein Ethikkodex sollte zunächst klären, wer man (das Unternehmen) sein will und wie man seine Aufgabe in der Gesellschaft sieht (Vision, Mission Statement; eigene Ziele). Beides sollte so abgefasst sein, dass es für andere attraktiv ist, mit einem zusammenzuarbeiten, oder zumindest keine Einwände gegen die Existenz erzeugt.
Da die Umsetzung dieser eigenen Vision und Mission immer wieder mit Konflikten verbunden sein kann, sollte der Ethikkodex dann jene Grundsätze formulieren, die Außenstehenden deutlich machen, wie man sich im Konfliktfall verhält; z.B. in Bezug auf Umweltschutz, Datensicherheit, Korruptionsprävention, Lieferkettenmanagement (Menschenrechte), u.a.m. Welche Grundsätze das genau sind, hängt vom Unternehmen, der Branche und generell dem Umfeld ab.
In jedem Fall sollte der Gedanke des Respekts - und damit verwandter Werte wie Verantwortlichkeit, Fairness, Integrität u.a. - sowie der Nachhaltigkeit enthalten sein.
1 passende Publikation von Prof. Dr. Andreas Suchanek
Persönliche Grundsätze
- Ich handle und entscheide so, dass die Entwicklungsmöglichkeiten von anderen und mir eher zu-, denn abnehmen.
- Ich respektiere Würde und Freiheit meiner Gesprächspartner.
- Ich übernehme für die vorhersehbaren und überschaubaren Folgen meines Handelns die alleinige Verantwortung.
- Ich handle und entscheide so, dass das Vertrauen in meine Handlungen und Entscheidungen gefestigt wird.
- Ich handle und entscheide so, dass alle Beteiligten niemals nur Mittel sondern jederzeit auch Ziel meines Handelns sind.
- Ich zwinge niemanden, gegen sein verantwortet übernommenes ethisches und/oder sittliches Gewissen zu handeln.
- Ich handle und entscheide so, dass die Interessen aller Beteiligten berücksichtigt und in verantworteter Güterabwägung gegeneinander abgewogen werden.
- Ich bemühe mich darum, dass meine Entscheidungen von allen Beteiligten verstanden werden.
- Ich handle und entscheide so, dass das Erreichen von Unternehmenszielen und sozial-verträglichem Miteinander in Einklang stehen können.
Unternehmerische Grundsätze
- Wir handeln und entscheiden so, dass bei jedem unserer internen und externen Partner die Bereitschaft zu selbständigem und selbstverantwortlichem Handeln gefördert wird.
- Wir handeln und entscheiden so, dass die Identifikation mit dem Unternehmen unterstützt wird.
- Wir gehen mit unseren externen und internen Partnern so um, dass das Vertrauen in unser Handeln gefestigt und gefördert wird.
- Wir handeln und entscheiden so, dass der langfristige Unternehmensbestand sicher gestellt ist.
- Wir handeln und entscheiden so, dass Mitarbeiter/Kunden/Lieferanten/Anteilseigner und Öffentlichkeit sich informieren und die sie betreffenden Entscheidungen verstehen können.
- Wir berücksichtigen bei konkurrierenden Interessen die Folgen für alle Beteiligten.
- Wir pflegen und fördern einen ökologisch sinnvollen Umgang mit Ressourcen.
- Wir fördern, unterstützen und belohnen die Entwicklung der Primärtugenden unserer Mitarbeiter, wie z.B.: Zivilcourage, kreativer Ungehorsam, Konfliktfähigkeit und kritische Gerechtigkeit.
3 passende Publikationen von Ulf D. Posé
Ein Ethikcodex stellt einen Handlungsrahmen vor und lebt von seiner Akzeptanz, bzw. der Macht ihn durchzusetzen.
Modern sollte er die Menschenrechtsvereinbarungen und gesetzliche Rahmenbedingungen beherzigen.
Danach kommt es darauf an, wofür er geschaffen wird, denn jede Ethik vermittelt eine Botschaft und auf ethischen Grundvorstellungen basieren unsere Gesetze und Moralvorstellungen.
Der erste Schritt wäre entsprechend einen Auftrag zu formulieren, was der Codex bewirken soll und ihn dann mit den genannten Bedingungen abzupassen und gut zu überlegen, ob er hinreichend griffig ist, damit eine Zielgruppe seiner ihn problemlos befolgen kann.
Denn, wenn er zu komplex ist, werden seine, sich ihm zu unterwerfen Habenden, Probleme bekommen ihn präsent zu halten und ihr Handeln danach auszurichten.
Hernach die Frage, wofür er letztlich eingesetzt wird. Soll er werblich klar machen, dass das ihn befolgende Unternehmen etwa besonders mit Naturressourcen umgeht? Soll er eine Selbstverpflichtung darstellen, die sich eine politische Partei gibt und Werte ausdrücken? Oder ist er in abgespeckter Form eine Complaince? Für letzteren Fall gibt es akzeptierte Vorlagen auf vielen Unternehmenswebsites.
Aber vom Grundsatz her gilt, wie gesagt, was will ich mit ihm ausrichten? Und werde ich für die enthaltenen Vorstellungen, die nötige Zustimmung bekommen?
Denn an sich ist eine Ethik neutral gesehen, nichts anderes als ein Konstruktraum der eine gesellschaftliche, politische oder wirtschaftliche Sammlungswirkung haben soll und Grundlage für zwischenmenschliche Vereinbarungen schafft.
Soll er umfangreichere Lebensbasis geben, so wäre eine Einarbeitung in philosophische Abhandlungen zu empfehlen, die das Thema besprechen. Davon gibt es unzählige und unzählige Richtungen, da schon Internalisten oder Neukantianer und Externalisten, in Nachfolge des frühen Wittgenstein (modern die analytische Philosophie) sehr unterschiedliche Annahmen zur Welt- und Menschbeschaffenheit vertreten, was hernach zu extrem unterschiedlichen Vorstellungen und Wertesystemen leitet.
Viel Erfolg
Armin Rütten