Antworten:
Neben den vordergründigen Ursachen für die geringere Vergütung von Frauen ist es doch im wesentlichen das gesellschaftlich tief verankerte Bild vom Mann als Ernährer der Familie und der Frau, die ihrer Mutterrolle als berufstätige Frau angeblich nicht gerecht werden kann. Dieses Bild in den Küpfen verhindert einen partnerschaftlichen Umgang miteinander und schafft Ungerechtigkeiten für Frauen und Männer.
Geschäftsführende Gesellschafterin Management-Institut Dr. A. Kitzmann GmbH & Co. KG Münster
Bevor an die Frage „Warum verdienen Frauen weniger als Männer“ vorsichtig herangetreten werden kann, bedarf es einer Einschränkung in der Betrachtung auf dieses Thema. Es handelt sich um ein hochkomplexes Thema mit verschiedenen Perspektiven auf vielen Ebenen.
Ich wage zu behaupten, dass wenn Sie diese Frage einer Frau und einem Mann stellen, sie jeweils unterschiedliche Antworten bekommen werden. Wenn wir uns auf den Blickwinkel der Frau beschränken, so lässt sich feststellen, dass auch hier andere Antworten zu finden sind, je nach Beruf und Lebenssituationen der Frauen. Die Lebenssituation ist nicht von dem Ausüben einer Tätigkeit bei dieser Fragestellung zu trennen. Es scheint in der heutigen Zeit immer noch familienunfreundliche Unternehmen zu geben. Wenn sich eine Frau dazu entscheidet, dass sie eine Familie gründen möchte, dann ist es natürlich relevant, ob das Unternehmen diese unterstützt oder ihr Weichen legt. Die weitere und letzte Fokussierung bezieht sich demnach auf die Gründung einer Familie in Zusammenhang mit dem Einkommen von Frauen.
Die NEPS Bildungsstudie ist die größte nationale Bildungsstudie in Deutschland. Es handelt sich um ein unbefristetes Projekt, dass Menschen über ihre gesamte Lebensspanne untersucht und begleitet. Um dies zu ermöglichen wurden sechs Kohortengruppen angelegt. Eine davon ist die Kohortengruppe „NEPS Erwachsenenstudie“. In November 2016 und Oktober 2017 wurden zwei Ergebnisse der Studie präsentiert, die die zu untersuchende Fragestellung stützen.
Die Veröffentlichung der Erkenntnisse der Studie im November 2016 trug den Titel „Familiengründung und Karriereentwicklung von Müttern – gibt es den perfekten Plan?“. Die Studie gibt einen Einblick in die Karrierechancen von Müttern mit zwei Kindern. Die wichtige Erkenntnis dieser Studie für die Fragestellung ist, dass die Karriereentwicklung von Müttern je nach Bildungsabschluss sehr entscheidend für die Karriereentwicklung ist. Frauen die als höher qualifiziert eingestuft werden, haben eine höhere Wahrscheinlichkeit auf Karriere, besonders, wenn sie vor einer Familiengründung an ihrer Karriere gearbeitet haben. Es hat sich in diesem Zusammenhang gezeigt, dass sie überwiegend an der Position in einem Unternehmen wieder einsteigen konnte, wo sie eine Erwerbspause eingelegt hatten.1 In Bezug auf die Fragestellung lässt sich aufzeigen, dass das Gehalt einer Frau mit ihrem Bildungsstand und dem Wunsch nach Familie korreliert.
Das Ergebnis der Studie aus Oktober 2017 trug den Titel „Familienbedingte Erwerbsunterbrechung: Mütter in schlechter bezahlten Berufen bleiben länger zu Hause“. In der Studie stellte sich heraus, dass Frauen in frauendominierenden Berufen eine längere Erwerbspause nach der Geburt ihres Kindes eingesetzt haben. Das kann zum einen darauf zurückzuführen sein, dass frauendominierende Berufe oftmals ein geringes Lohnniveau haben. Zum anderen, und das ist Spekulation, könnte es auch auf familienfreundlichere Arbeitsbedingungen zuzuführen sein. Es scheint, als seien die finanziellen Nachteile einer Arbeitsstelle ein Anreiz für Frauen, eine längere Erwerbsunterbrechung zu nutzen.2 In Bezug auf die zu untersuchende Fragestellung bleibt festzuhalten, dass Frauen in frauendominierenden Berufen weniger verdienen und hier die Familienfreundlichkeit eines Unternehmens eine wichtige Rolle spielen kann.
Es könnte an dieser Stelle eingeworfen werden, dass immer mehr Männer in Elternzeit gehen. Es ist in Deutschland fakt, dass es immer noch so ist, dass eine berufliche Auszeit für die Betreuung der Kinder vor allem von Frauen genommen wird.
Ein einschränkender Blickwinkel der das Gehalt von Frauen beleuchten soll, führt zu weiteren Fragen die man sich stellen müsste, um der Beantwortung der Frage „Warum verdienen Frauen weniger als Männer“ näher kommen zu können. Festzuhalten ist, dass es für Frauen je nach Beruf (Frauen- oder Männerdomäne) nicht leicht ist, Karriere zu machen, wenn sie gleichzeitig einen Familienwunsch haben. Zudem kann es sehr entscheidend sein, welchen Bildungsweg sie eingegangen sind und wie sie die Familienplanung getimt haben. Was letztendlich ein trauriges Bild auf die Arbeitsbedingungen und die Familienfreundlichkeit vieler Unternehmen in Deutschland wirft. In diesem Kontext könnte man sich der weiteren Fragestellung widmen: Warum ist es in Deutschland immer noch so, dass sich viele Frauen für Kinder oder Karriere entscheiden müssen?
Quellen:
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Auf den historischen Hintergrund werde ich an dieser Stelle nicht wirklich eingehen. Tatsache ist, dass diese Form der Ungleichbehandlung immer noch existent ist. Es ist einfach noch so, dass bis hin in die Führungszirkel, Frauen regelmäßig ein geringeres Gehalt erzielen. Ausnahmen bestätigen die Regel. Allerdings gibt es hier mittlerweile einige Ansätze die dem entgegenwirken. Sowohl der europäische Gerichtshof, als auch unsere Rechtsprechung haben diese Thematik im Visier.
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Merkel fragen! Nicht mein Themenbereich, denn die Grundlagen dessen liegen an anderer Stelle als in der Biometrie oder PKV. Der Missstand wird weiterhin gepflegt, aber nicht abgeschafft. Gleiche Tätigkeiten sollten gleiches Einkommen haben, nicht schlussendlich auch, um die Rente zu erwirtschaften
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Diese Frage streift meinen Kompetenzbereich nur am Rande. Deswegen kann sich meine Antwort auch nicht auf statistisch validierte Erkenntnisse stützen. Hier ist sie:
Meine Frau und meine beiden Töchter verdienen deutlich mehr, als ich als Mann je verdient habe.
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In einige Unternehmen ist das schlicht und einfach auf die Ungleichbehandlung vwerschiedener Personengruppen zurückzuführen - und als solche natürlich zu verurteilen. Änderung tut hier unbedingt not (auch die Mitarbeitervertretung ist hier gefordert!).
Es darf allerdings nicht vergessen werden, dass in nicht wenigen Fällen auch Männer - verglichen mit anderen Männern - (oder Frauen verglichen mit anderen Frauen) in vergleichbaren Positionen mit in etwa gleichen Voraussetzungen unterschiedlich bezahlt werden. Das ist dann auch nicht fair, hat aber meist mit dem Verhandlunsggeschick der Beteiligten zu tun ... außer natürlich in tariflich definierten Kontexten, da ist es dann von der Einstufung abhängig (hier ist wieder die Mitarbeitervertretung gefordert, wenn es der Einzelne nicht geklärt bekommt).
Ansonsten streiten sich über die grundsätzliche Frage nicht wenige Experten - das Problem beginnt mit der Definition dessen, was denn nun "vergleichbar" ist:
Lebens- und Berufserfahrung - wie wichtig ist die? wie zählt Erziehungsurlaub? wie Auslandsaufenthalte? was ist mit spezifischen Projekten? ...
Bildungsniveau - Master ist ja nicht gleich Master, der Abschluss von der Fachhochschule Heide lässt sich kaum mit dem von Cambridge gleichsetzen, wie war die Abschlussnote? ...
Welche Rolle spielen berufliche Erfolge für die Entlohnung, wie werden diese gegebenenfalls gemessen? Gibt es eine leistungsabhängige Vergütung? Altersversorgung? ...
Es gibt weitere Parameter, die eine nicht unerhebliche Rolle spielen und keineswegs geklärt sind ... Die Pauschalbehauptung "Frauen" (alle?) verdienten in vergleichbaren Jobs (was genau wird vergleichen?) weniger als Männer (alle?) ist also zumindest gewagt - auch wenn ich mir sehr darüber im Klaren bin, dass dies jetzt keine populäre Aussage darstellt ... .
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Systemischer Organisationsbegleiter, Diskursiver Moderator, Profi Moderationstrainer moderation.de Kirchzarten
Weil (seit Jahrhunderten) in den Führungs- und Entscheider(innen)-Gremien fast ausschliesslich oder überwiegend Männer vertreten sind, die diese Situation aufgrund Ihrer familiär einfacheren (Erwerbs-)Biografie innehaben. Schon wenn es gelänge, in jedes Entscheider-Gremium, das in Organisationen entscheidet, in denen Frauen vertreten sind, auch nur zu 1/3 Frauen zu entsenden, würde sich die Situation schlagartig verändern. Aus eigener Erfahrung weiss ich, wie schwierig es (z.B. in Vorstände und Aufsichtsräte) zumindest diese Drittel-Quote faktisch herzustellen. Mein Druckmittel dazu: In Gremien, in denen nicht mindestens eine Frau vertreten ist, arbeite ich einfach nicht mit !
3 passende Publikationen von Ulrich Martin Drescher
Nur für die Fälle, bei denen eine vergleichbare Qualifikation vorliegt:
- Weil das schon immer so war
- Weil Frauen weniger fordern
- Weil selbst weibliche Chefs da mitmachen
- Weil Frauen auf andere Dinge Wert legen als Männer
- Weil Frauen in Gehaltsverhandlungen ihr Licht unter den Scheffel stelllen
Was Frauen tun können:
- Selbstbewusster und fordernder auftreten
- Klare Ziele für das Gehalt und die Gehaltsentwicklung aufstellen
- Sich über den eigenen Wert für das Unternehmen klar werden. Und das sind nicht nur die Social Skills!
- Die Vergleichsgehälter kennen und mehr verlangen
- Das Verhalten der Chefs (Chefinnen) hinterfragen
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Professor für Volkswirtschaftslehre Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg Nürnberg
Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes lag der Durchschnittsverdienst der Männer 2016 bei 20,71 Euro pro Stunde, während Frauen im Schnitt nur 16,26 Euro pro Stunde verdienten. Der Rückstand der Frauen betrug also 21 Prozent, was auch als (unbereinigter) Gender Pay Gap bezeichnet wird. Dieser Geschlechterlohnunterschied hat verschiedene Ursachen: So verfügen Frauen im Schnitt über eine etwas geringere Ausbildung und über weniger Berufserfahrung als Männer (v.a. wegen Erwerbsunterbrechungen). Zudem sind sie häufiger in schlecht bezahlter geringfügiger und Teilzeit-Beschäftigung sowie seltener in Führungspositionen zu finden. Berücksichtigt werden muss auch, dass Frauen und Männer in verschiedenen Branchen, Berufen und Betrieben tätig sind - Frauen häufiger in Niedriglohnjobs wie Friseur, Gastgewerbe und Handel, Männer eher in Hochlohnjobs wie Ingenieur oder Banker. Rechnet man mit statistischen Methoden diese strukturellen Unterschiede in der Qualifikation und Berufstätigkeit der Geschlechter heraus, verbleibt als (bereinigter) Gender Pay Gap nur noch ein Rückstand der Frauen von ca. 6 Prozent. Dieser dürfte teilweise nicht beobachtbare Unterschiede zwischen den Geschlechtern widerspiegeln, kann aber auch als Indiz für eine Lohnddiskriminierung von Frauen interpretiert werden.
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Zur Zeit wird dieses Thema nicht nur in Deutschland in den Medien diskutiert.
Meine Meinung dazu:
Es werden viele Gründe angeführt, dass Frauen und Männer das gleiche bekommen würden, es aber nicht so aussähe..
Nur, wenn die Gehälter auf Gewerkschaftsbasis ausgehandelt wurden, bekommen Frauen und Männer in etwa das gleiche Gehalt. Tatsache ist, dass die Differenz auf 6% geschrumpft ist. In anderen Ländern brauchen bei Bewerbungen Namen, Alter und Hautfarbe nicht angegeben werden. Selbst Bilder werden weggelassen. Das scheint mir eine sehr vernünftige Möglichkeit zu sein.
Wenn es die Gleichheit gäbe, würde nicht so ausdauernd darüber diskutiert werden.
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