Können Sie an einem konkreten Beispiel erklären, in welchen Schritten die Digitalisierung eines Unternehmens abläuft?

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Antwort von Stephan Mallmann .
Experte für Innovation Gondershausen

Ein Unternehmen mit Außendienstmitarbeitern möchte seine Arbeitsabläufe umstrukturieren und effizienter gestalten. Dafür wendet es sich an iniOS. In einem ersten Sondierungsgespräch werden die Wünsche und Ziele abgesteckt. Die Maßnahme sorgt dafür, dass die Außendienstmitarbeiter die Produkte des Unternehmens besser beim Kunden präsentieren. Ein weiteres Ziel ist es, dass mehr Zeit für Kunden und weniger Zeit für Vorbereitung und Aufarbeitung der Kundenbesuche genutzt wird. Die Zusammenarbeit mit den Kollegen aus dem Innendienst soll vereinfacht werden. Jetzt bietet iniOS eine unverbindliche und kostenfreie Analyse der bestehenden Arbeitsabläufe an. iniOS begleitet einen Mitarbeiter des Unternehmens einen Tag lang bei seiner Arbeit im Außendienst. Dabei wird analysiert, welche Arbeitsschritte auf iPhone und iPad ausgelagert werden können. Anschließend wird anhand von Algorithmen berechnet, wieviel Zeit durch diese Umstellung eingespart wird. Ergibt sich dabei eine gravierende Zeitersparnis, bietet iniOS die Ausarbeitung eines individuellen Konzeptes an. Dabei werden die spezifischen Anforderungen des Unternehmens berücksichtigt. Das Pilotprojekt umfasst spezielle Apps und Zubehör. Anschließend wird das Konzept den Außendienstmitarbeitern in Intensivworkshops vermittelt. Bei umfangreichen Systemupgrades werden die Mitarbeiter zukünftig nachgeschult. Nun steht dem erfolgreichen Weg in die Zukunft Tür und Tor offen.

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Antwort von Jo Vorstadt .
AktivCoach und Strategie-Experte AktivCoach und Strategie-Experte Schleiden, Eifel

Digitalisierung ewines Unternehmens beginnt immer bei der Unternehmensstrategie selbst, weil das analoge Geschäftsfeld erst einmal auf den Prüfstand muss. Dabei muss geprüft werden, ob es im digitalen Zeitalter noch zukunftsfähig ist.

Zu Beginn wie immer erfolgt die (schonungslose) Analyse - das ist der Ausgangspunkt

Als nächstes entwirft man eine Zielvision

Es wird ein einzigartiges Lösungsangebot, das dazugehörige Zielgruppensegment und die Bekanntmachungsstrategie definiert. Dabei wird es immer wichtiger ein Alleinstellungsmerkmal zu haben, idealerweise sogar so ein einzigartiges Lösungsangebot, dass man als Spezialist gilt. Eine AktivStrategie unterstützt sie dabei.

Danach werden die einzelnen Prozesse dargestellt und jeder Prozess untersucht, inwieweit er digitalisiert werden kann

Und dann erfolgt die Umsetzung

Ihr AktivCoach und Strategie-Experte
Jo Vorstadt

 

 

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Antwort von Uwe Weinreich .
Founder Berlin

Vier Beispiele für Digitalisierungspfade

Zunächst vorweg: es gibt kein allgemeines Modell für die Digitalisierung eines Unternehmens. Je nach Branche, Reifegrad und Geschäftsmodell wird ein jeweils anderer Weg sinnvoll. Daher ist es besonders wichtig, bevor ein Unternehmen in eine groß angelegte Digitalisierungsmaßnahme startet, genau festzulegen, welches Ziel erreicht werden soll, welche Ausgangsvoraussetzungen gegeben sind und welche Optionen sinnvoll bzw. welche ausgeschlossen sind.

In der folgenden Grafik, die zum ersten Mal in meinem 2016 bei Springer erschienenen Buch "Lean Digitization" veröffentlicht habe,sind vier digitale Entwicklungspfade eingetragen, die ich im folgenden erläutern möchte:

Digitale Entwicklungspfade
 

Bild: © Uwe Weinreich under Creative Commons License CC BY-SA 4.0 international

  1. Digitalisierung von Produkten und Entwicklung digitaler Services
    dieses Modell ist besonders geeignet für produzierende Unternehmen. Es war eines meiner ersten IoT-Projekte. Ein Machinenbauer hatte mit massiv wachsender Konkurrenz aus China zu kämpfen. Ersatzteile wurden nachgebaut und zu Dumping-Preisen auf westliche Märkte geworfen. Die Fragestellung war, inwieweit es gelingen kann, sich einen Vorteil im Vertrieb zu verschaffen, der unabhängig machte von erbitterten Preiskämpfen. Im Projektverlauf wurde deutlich, dass für Kundenunternehmen die Kosten des Ausfalls einer Maschine deutlich schwerer wogen als der Preisvorteil bei Ersatzteilen. Ein Anbieter war also im Vorteil, wenn es ihm gelang, deutlich schneller zu sein als die billigere Konkurrenz. Daraufhin entwickelten wir ein Vor-Ort-Service-Konzept (Leistungsausweitung) und verbanden es mit einer einfachen Ferndiagnostik der Maschinen, die auf dem Vibrationsverhalten basierte. Damit konnte das Unternehmen ganz neue Angebote an seine Kunden erstellen, nämlich die Fernüberwachung und Laufzeitoptimierung der Maschinen. Nach einiger Zeit, mit vielen Erfahrungen und Milliarden Messdaten reicher ist daraus ein eigenständiges Geschäftsmodell entstanden, das einen signifikanten Wertbeitrag zum Unternehmen leistet und gleichzeitig das traditionelle Geschäft stützt.
    Fazit: bestehende Produkte mit digitalen Features anzureichern und mit Services zu verbinden kann lukrative neue Angebote und Geschäftsfelder erschließen.
     
  2. Erschließung neuer Marktsegmente durch Digitalisierung
    Dieser Weg wird weniger oft gewählt als er eigentlich möglich wäre. Dabei wird deutlich, dass Digitalisierung nicht unabhängig von der Dimension Kunden gedacht werden darf. Beispiel ist hier ein Werbemittelhersteller, der in seinem Markt relativ gut etabliert war, als wir das Projekt starteten. Mittlerweile waren die meisten internen Prozesse und sogar die Produktion vieler Werbemittel komplett digitalisiert. Das betriebene Geschäftsmodell war aber immer noch das alte. In einem Strategie-Workshop wurde deutlich, dass die bereits vorhandene Technologie längst nicht in dem Maße ausgenutzt wurde, wie es möglich wäre. Mit überschaubaren Anpassungen und Erweiterungen und einem separat aufgesetzten Frontend für ausgewählte Werbemittel wurde ein neuer Zugang zum Angebot geschaffen, der eine komplett neue Zielgruppe ansprach. Waren es bisher mittelgroße bis große Unternehmen, die das Geschäft im wesentlichen prägten, war es nun möglich, über einen Webshop individuelle Gestaltungen in Kleinstauflagen oder sogar als Einzelexemplar zu beziehen. Damit wandelte sich das bisher reine B2B-Unternehmen zu einem, das jetzt auch einen signifikanten Anteil im Endkundenmarkt bedienen konnte.
    Fazit: bestehen technische Möglichkeiten, sollte geprüft werden, ob damit neue Marktsegmente erreicht werden können, für die zu produzieren bisher nicht kostendeckend gewesen wäre.
     
  3. Digitales Startup
    Hier bewegen wir uns nicht von einem Feld der Unternehmensmodelle in ein anderes, sondern das Unternehmen wird sofort komplett digital aufgesetzt. Das ist die übliche Vorgehensweise, wie sie in tausenden Startups zur Zeit praktiziert wird. Aber auch für bestehende Unternehmen kann das ein interessantes Vorgehen sein, nämlich immer dann, wenn es gelingt einzelne Geschäftsbereiche organisatorisch vom übrigen Betrieb abzutrennen oder für neue Services einen eigenen Betrieb aus zu gründen. Der sofortige Start im rein digitalen Feld erlaubt es, eine Geschwindigkeit aufzunehmen, die sonst nicht zu erreichen wäre. Dieses Vorgehen praktizieren derzeit Unternehmen durch alle Branchen hindurch, von der Bank bis zum Entsorgungsunternehmen.
    Fazit: wenn es möglich ist, ein komplett neues Geschäft sofort digital aufzusetzen, bringt es erhebliche Geschwindigkeitsvorteile, wenn es nicht an die bestehende Organisation angekoppelt wird.
     
  4. Interne Digitalisierung von Prozessen
    Das ist der Weg, der in der europäischen Industrie am meisten verfolgt wird: Digitalisierung der internen Prozesse, um Effizienzpotenziale zu erschließen. Daran ist nichts falsch, aber wichtige Entwicklungspotenziale, die sich in den anderen Pfaden auftun würden, bleiben unberücksichtigt. Der klassische Weg besteht hier darin, zunächst über ein Verfahren den Digitalisierungsgrad des Unternehmens festzustellen, dann Optimierungspotenziale zu entdecken und sie mithilfe von technischen Lösungen umzusetzen. Mein Hauptkritikpunkt an dieser Vorgehensweise ist, dass hier Digitalisierung unabhängig von der Dimension Kunden gelebt und gestaltet wird. Langfristig verschließen sich Unternehmen damit den Potenzialen, die derzeit gerade von US-amerikanischen Firmen in der Breite genutzt werden: der Generierung komplett neuer Märkte im digitalen Bereich.
    Fazit: wer seine internen Prozesse digitalisiert, macht nichts falsch, sollte aber auch nicht dabei stehen bleiben, sondern im nächsten Schritt eine marktorientierte Digitalisierungsstrategie entwickeln.

Jedes Unternehmen muss seinen Weg selbst bestimmen. Wichtig ist es, dabei nicht zu kurzfristig zu denken. Wir haben für unsere tägliche Arbeit den Entwicklungsprozess in vier verschiedene Phasen eingeteilt, die wir gemeinsam mit Unternehmen durchlaufen. Da wir in der Regel in internationalem Kontext arbeiten, sind sie Englisch überschrieben:

  1. Strategy Development
    Klären, welcher Entwicklungspfad für das Unternehmen der richtige ist.
  2. Product Development
    Entwickeln von neuen Produkten, Features und Dienstleistungen, die für das Unternehmen in der digitalen Strategie notwendig sind.
  3. Customer Development
    Entwickeln einer Marketing und Wachstumsstrategie.
  4. Company Development
    Entwicklung der internen Voraussetzungen (Technik, Prozesse, Organisation, Controlling, Führung, Kultur), um das Leistungsversprechen erfüllen zu können.

Dieses Vorgehen kann, sofern keine großen Hürden auftreten, in vier Sprints über sechs Monate realisiert werden. Bei komplexeren Projekten sollte dafür gesorgt werden, dass sie frühzeitig Geschwindigkeit aufnehmen und das gesamte Programm nicht länger als 24 Monate in Anspruch nimmt.

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